Storytelling: spannende Inszenierung
Geschichten bewegen mehr als Zahlen oder Argumente. Die Erkenntnis ist nicht neu, wird aber oft vergessen. Hinter Storytelling verbirgt sich die Kunst, eine zum eigenen Betrieb passende Geschichte zu finden und gekonnt zu erzählen.
Text: Angelika KnopImage Die Geschichte ist kein Selbstzweck, sie soll dem Betrieb einen emotionaleren Auftritt verschaffen. Sie muss zu den kommunizierten Werten und Markenbotschaften passen.
Inspiration Spannende Storys finden sich in der Firmengeschichte wie im Alltag der Mitarbeiter. Nutzen Sie Brainstormings, Erzählrunden, Befragungen und interne oder externe Workshops, um die besten Ideen aufzuspüren.
Inhalt Ein Held mit Ecken und Kanten erlebt Konflikte und überwindet Hindernisse. Läuft für fehlerlose Menschen alles glatt, langweilt das. Der Kern der Geschichte muss in einen Satz passen. Die Sprache ist aktiv und bildhaft.Heldenplots verkaufen sich gut Geschichten berühren mehr als Zahlen. Sie rufen Gefühle hervor, prägen sich ein, lassen sich erzählen. Modernes Marketing setzt daher gern auf sogenanntes Storytelling. „Wahre Geschichten sind präsenter, authentischer und glaubwürdiger als reine Produktbotschaften“, sagt Franziska Lexa, Beraterin bei der Agentur Birke und Partner in Erlangen. „Bei Mauss Bau haben wir Ordner gewälzt, uns durch Kisten gewühlt und aus den Puzzleteilen die Story zusammengesetzt, die für die Firma steht.“
Gute Geschichten – von Odysseus über Harry Potter bis zum Apple-Gründer Steve Jobs – folgen dem Heldenplot: Jemand erlebt Konflikte, geht durch Krisen, meistert Prüfungen, kommt verändert ans Ziel. „Im Kern trägt alles, was wir um Mauss Bau erzählen, die Elemente, wenn auch nicht immer bis zum Ende entwickelt“, sagt Lexa. Neben den Frauen beeindruckte viele Besucher, wie sehr Mauss mit über 400 Bauwerken das Erlanger Stadtbild geprägt hat. Der Ausstellungscontainer war sogar beim Internationalen Comic-Salon. Die gezeichnete Mauss-Maus in Arbeitshose führte durch einen Comic-Parcours in der Stadt. „Bei Bedarf könnten wir die Geschichten auch in Social-Media-Kanälen von den Usern fortschreiben lassen“, so Lexa.
Bildhafte Details sind wichtig Umfangreiches Storytelling erfordert Zeit, Geld und Expertenhilfe. Aber es geht auch kleiner. Petra Rink macht sich im Konflikt- und Entspannungsmanagement selbstständig. Beim Münchner Projekt guide, einer Beratung für Existenzgründerinnen, entwarf sie im Kurs „Storytelling für Gründerinnen“ aus ihrer vielfältigen Qualifikation und dem abwechslungsreichen Lebenslauf eine Geschichte. Drei Stichworte wecken Neugier: Salsa-Tänzerin – Gelähmte – Libelle. Sie schildert, wie sie leicht durchs Leben „tanzte“, sich im Job unbeweglicher fühlte und nun wie die Libelle nach der Verpuppung zu Höhenflügen ansetzt. Rink begeisterte die Zuhörer: „Später haben sie sich vor allem an die bildhaften Details erinnert und daran Gespräche angeknüpft.“
Mit Bildern lassen sich komplexe Sachverhalte veranschaulichen und schwierige Themen ansprechen. Erfunden sein aber darf die Geschichte nur, wenn das deutlich wird. Anita Feuchtinger nutzt Storys für Web-Artikel und Vorträge. Gibt die Beraterin für Personalstrategie im Businessportal arbeits-abc.de Tipps, entwirft sie konkrete Szenen: „Montagmorgen, neun Uhr, der erste Arbeitstag beginnt“. Aber PC und Telefon fehlen, niemand ist für die Einweisung eingeplant. Oder Urlaubspläne überschneiden sich. Alle stellen fest: „So geht es nicht.“ Was nun? Solche Geschichten eignen sich gut, um unterhaltend, aber doch auf den Punkt Probleme anzusprechen und Lösungen anzuregen.
Oft helfen einfache Vergleiche Beim Thema Mitarbeiterbindung erklärt Feuchtinger ein komplexes Problem ganz einfach: Sie vergleicht Firmen mit einem Teich, in dem sich Fische wohlfühlen müssen, sonst schwimmen sie weg oder sogar mit dem Bauch nach oben. Die Tiere brauchen nicht nur Futter, sondern auch Frischwasser, Pflanzen und die richtigen Artgenossen – so wie Arbeitnehmern allein ein gutes Gehalt nicht reicht, falls sie unter miesem Betriebsklima, kargen Büroräumen und fehlendem Teamgeist leiden. Die Geschichte verästelt sich weiter und öffnet den Verantwortlichen die Augen. „Sie wissen, was das heißt, wenn es einem Fisch nicht gut geht“, so Feuchtinger. „Aber bei den Mitarbeitern erkennen sie das nicht.“
Die Vortragsidee kam der Personalexpertin in einem Seminar: Plötzlich erkannte sie, dass sie Storytelling – wie viele Menschen in vielen Lebenslagen – schon längst anwendet, es im Geschäftsleben aber noch konsequenter nutzen könnte. So wurde das Storytelling selbst zu ihrer Geschichte: einer Herausforderung, der sich die Heldin stellt. So wie sich Mia Mauss vor 70 Jahren der Aufgabe gestellt hat, ihr Unternehmen allein zu managen.
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Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 02/2015